Fachvortrag zu Geschlechtsdysphorie im Kindes- und Jugendalter

Seit Jahren nimmt die Zahl der Kinder und Jugendlichen zu, deren Geschlechtsidentitätserleben nicht den Geschlechtsmerkmalen ihres Körpers entspricht. Das Leiden unter einer solchen Inkongruenz wird in der Fachwelt als Geschlechtsdysphorie bezeichnet. Zu diesem Phänomen referierte nun der Kinder- und Jugendpsychiater Alexander Korte vom Münchener Universitätsklinikum in Goslar. Etwa 70 Mitarbeiter*innen der Stiftung folgten der Einladung zum Fachvortrag.

Dr. Alexander Korte

Unter Experten herrsche Einigkeit über eine signifikante Zunahme, erklärt Dr. Korte. Mögliche Ursachen seien bessere Aufklärung und ein größeres Problembewusstsein in der Bevölkerung, die zunehmende mediale Berichterstattung sowie die Möglichkeiten neuer Behandlungsmethoden. Gerade hinsichtlich einer frühzeitigen Intervention in Form von präpubertären Hormonbehandlungen plädiert Alexander Korte jedoch für Zurückhaltung. Die große Mehrheit der Kinder und Jugendlichen mit Geschlechtsdysphorie söhne sich im Verlauf mit dem Geburtsgeschlecht aus und entwickle eine homosexuelle Orientierung statt einer Transsexualität.

Dr. Korte befürwortet in aller Regel einen altersdifferenzierten, ausgangsoffenen Behandlungsansatz, bei dem das Zugehörigkeitsgefühl zum Geburtsgeschlecht gestärkt und komorbide psychiatrische Störungen behandelt werden. Bei transsexuellen Adoleszenten sei zunächst eine psychotherapeutisch begleitete Alltagserprobung angeraten, in der die Betroffenen für einen längeren Zeitraum die gegenteilige Geschlechtsrolle einnehmen. Entwicklungs- und körperverändernde Hormontherapien sollten erst nach Ende der psychosexuellen Entwicklung angewandt werden.

Nach Abschluss des dreistündigen Vortrags nutzten die Zuhörer*innen die Möglichkeit, einzelne Aspekte und Thesen zu hinterfragen und Fallbeispiele aus ihrem beruflichen Alltag einzubringen.